Wenn man in Bödefeld in den Wald fährt, sieht man sie schon links und rechts des Weges. Aufgestapelt. Wartend. Tot. Geschlagene Bäume. Sie sind der Trockenheit, also der Klimakrise, und schließlich dem Borkenkäfer zum Opfer gefallen. Das Harz, das die Bäume bilden und in dem der Borkenkäfer sich rechtzeitig verfangen soll, reichte nicht aus. Zuviel Dürre bedeutet zu wenig Wasser und damit zu wenig Harz. Was wiederum bedeutet, dass der Borkenkäfer sich austoben kann und noch mehr Borkenkäfer schlüpfen. Es sind Milliarden.
Eigentlich mach der Borkenkäfer nur seinen Job. Er ist auf Bäume spezialisiert, die eh schon angeschlagen sind. Nur leider sind in Zeiten der Klimakrise sehr viele Bäume angeschlagen. Und weil in vielen Forsten Monokulturen stehen, also nur eine Baumart und davon viel, findet der Borkenkäfer seine Lieblingsspeise in Massen. Das Borkenkäfermännchen übernimmt die Vorhut. Es bohrt sich unter die Rinde und richtet schon mal alles gemütlich ein. Dann sendet er einen Botenstoff aus. Das zieht die Weibchen an und dann ist mehr als nur einer Made Kinde unter der Rinde. Ist der Baum erstmal befallen, ist es zu spät. Werden die befallenen Bäume nicht schnell genug gefällt und aus dem Wald herausgeholt, verbreitet sich der Borkenkäfer immer weiter. Da es aber so viele Bäume sind, die gegällt werden müssen, kommen die Sägewerke gar nicht hinterher. Also stapeln sich die Bäume dann doch im Wald.
Die wirtschaftlichen Schäden, die daraus resultieren, sind enorm. Je mehr Bäume gefällt werden, umso mehr Holz gibt es auf dem Markt. Das Überangebot führt zu Preisverfall. “Wurden Anfang 2019 für die Standardqualität bei Fichten noch bis zu 95 Euro je Festmeter aufgerufen, sind es heute nicht einmal mehr 30 Euro”, schrieb Svea Junge am 23. Juli 2020 in der FAZ im Artikel “Dem Wald geht es noch schlechter”. Vielerorts werden die beschädigten Bäume deshalb nicht einmal geerntet, weil die Kosten höher wären als der magere Gewinn, der damit zu machen ist. Wenn man weiß, wie viele Arbeitsplätze in manchen Regionen am Holz hängen, ist das höchst beunruhigend.
Auf einem Waldspaziergang in Bödefeld (Schmallenberg) habe ich mir die Lage angesehen. Und leider ist sie noch komplizierter. Denn das ökologische Gleichgewicht des Waldes ist gleich in mehrfacher Hinsicht gestört. Das Problem kommt nicht nur von oben, sondern auch von unten. Im Wald ist der Wildbestand so hoch, dass die Tiere Jungbäume einfach abfressen. Zum Frust aller, die die Bäume liebevoll ausgesät haben. Kaum ein mehrjähriger Baum, der nicht verbissen ist. Sämlinge, die eine gute Futterquelle für die Tiere sind, haben kaum eine Chance. So bleibt der Wald der Zukunft – wenn überhaupt – nur kniehoch. Das Geld, das für die Wiederbewaldung ausgegeben wird, wird so sprichwörtlich verfüttert. Und es wäre vor allem in einer Trockenzeit enorm wichtig, dass unterschiedlich große Bäume sich gegenseitig Schatten spenden und den Boden abschirmen. So wird der Boden noch trockener und wird durch den Wind abgetragen.
Viele Förster*innen führen den hohen Wildbestand auf die Jagdmethode zurück, die im Wald herrscht. Sie fordern eine andere Jagd (=Beitrag des Deutschlandfunk). Die Jäger*innen würden zu wenig jagen, sodass das Wild sich zu stark vermehren und dem Wald schaden kann. Sie werfen den Jäger*innen vor, sich zu wenig um den Wald zu kümmern und den Wald nur als Kulisse zu benutzen. Anstatt die Tiere in einer hohen Anzahl zu schießen, würden die Jäger*innen lieber auf das nächste Jahr warten, denn dann seien die Tiere imposanter und die Jägertrophäen eindrucksvoller. Auch sei die Methode, die Pacht an die Höchstbietenden zu vergeben, nicht zielführend, weil so nicht gewährleistet sei, dass Jagende auch das ökologische Verständnis mitbrächten, dass es brauche, um mit einem Wald sachgerecht umzugehen. Eher käme es dazu, das findige Geschäftsleute, die ein Waldstück für die Jagd gepachten haben, diese als Vertragsabschluskulisse für nutzen; also mit ihren Geschäftsfreund*innen auf die Jagdgehen, um diese an sich zu binden. Auch sei die Höhe der Pacht angesichts der entstehenden Waldschäden viel zu niedrig. Die Bürger*innenschaft würde so Jäger*innen ihr Hobby sozusagen finanzieren. Sie fordern deshalb kürzere Pachtverträge, so dass bei Bedarf ein Pachtvertrag auch mal gekündigt werden kann. Und eine Politik, welche zum Schutze des Waldes durchgreift. Denn klimastabile Mischwälder müssen her. Und davon hätten auch die Jagdpächter*innen etwas, weil das Wild in einem gesunden Wald besser gedeiht.