Es herrscht Bürgerkrieg. Regierungstruppen haben die Hauptstadt eingekesselt, um die Rebellen endgültig zu besiegen. Die Zivilbevölkerung ist in der Stadt gefangen und kämpft zwischen Krankheit, Hunger, Plünderbanden und Scharfschützen ums nackte Überleben. Katia, Pavle und Bruno leben gemeinsam in einem zerbomten Haus. Ich kann sie steuern. Gemeinsam suchen wir Lebensmittel, Baumaterial und Medikamente. Ich spiele „The War of Mine“. Eines der eindrucksvollsten Computerspiele der letzten Jahre. Denn hier erwartet den Spieler nicht hirnloses Geballer oder epische soldatische Heldentaten; in „The War of Mine“ nimmt der Spieler die Rolle der Zivilistinnen und Zivilisten ein. Werden sie überleben?
Und tatsächlich, in was für einer Bruchbude müssen Katia, Pavle und Bruno hausen. „Es scheint hier sicher zu sein“, sagt Pavle. Ich schicke ihn per Mausklick zu einem Haufen Geröll. Darin findet er Kräuter, Holzbretter, sogar Zucker, etwas Material (was soll ich damit anfangen?), eine Einheit Wasser (zum Glück!) und sogar einen Dietrich. Das Wegräumen der Schuttberge mit bloßen Händen dauert eine gefühlte Ewigkeit. Bruno sagt: „Wenn ich doch nur eine Schaufel hätte.“ Ich finde etwas rohes Essen und dann Schmuck. Kann ich was davon eintauschen?
Dann bemerke ich zwei Dinge: Katia ist leicht krank und im zentrum des Gebäudes steht eine Werkbank. Damit kann ich ein Bett bauen. Die eingesammelten Materialien helfen mir dabei. Pavle, der ein professioneller Fußballer ist – aber wer braucht schon Fußballer in einem Bürgerkrieg? – lasse ich eine zweite Werkbank errichten, damit ich auch Werkzeug produzieren kann. Nun habe ich Zugriff auf eine Brechstange und die sehnsüchtig erwartete Schaufel, Dietriche und eine Waffe, das Messer. Für letzteres fehlen mir aber noch die erforderlichen Einzelteile. Ich will die verschlossenen Türen des Hauses unbedingt knacken und sehen, was dahinter ist. Deshalb schleife ich zwei Dietriche.
Dann greift das Spiel ein. Denn die Nacht ist eingebrochen. Eine Stadtkarte öffnet sich. Ich soll „Die Nacht planen“. Mir werden drei Gebäude angezeigt, die ich besuchen kann. Ein bombardiertes Haus, ein baufällig besetztes Haus und ein Doppelhaus. Ich wähle das bombadierte. Es liegt in der nahen Nachbarschaft eine Straße weiter. Das Spiel erklärt mir, dass es erst kürzlich getroffen wurde und die Bewohnerinnen und Bewohner fluchtartig das Haus verlassen haben. Bruno, Katia und Pavle werden die Nacht getrennt verbringen. Pavle geht ins Haus, Katia soll ihre Krankheit im Bett auskurieren und Bruno, der bärtiger Koch, der in Friedenszeiten eine eigene Kochsendung hatte, hält wache. Ich klicke auf „plündern” und der Bildschirm wird schwarz.
Szenenwechsel. „Das Haus brennt noch, können wir es gefahrlos betreten?“ fragt Pavle. Die Stimmung ist beklemment. Ich sehe die Flammen und gehe ins Haus… Im Krieg sind nicht alle Menschen Soldaten.