
Am 23. Juni war ich zu einem Forum von „Competentia NRW – Kompetenzzentrum Frau und Beruf Münsterland“ eingeladen. Zu Gast waren zahlreiche Unternehmerinnen und Berufsberaterinnen. Ihr Ziel ist es, eine gesellschaftliche und politische Debatte über die Arbeitsverhältnisse von morgen anstoßen. Ein besonders großer Dorn im Auge ist ihnen ein Arbeitsverhältnis, das es über 7,2 Millionen Mal in Deutschland gibt: der Minijob.
Die Frauen von Competentia wissen, dass der Minijob nicht ohne Grund so weit verbreitet – ja man kann sagen – beliebt ist. Er sichert ein Zubrot. er kann beim Wiedereinstieg ins Berufsleben ein Helfer sein und ermöglicht vielen Frauen die Vereinbarkeit von Arbeit, Familie und Pflege von Angehörigen. Der Minijob suggeriert dabei Flexibilität und scheint Freiräume zu bieten. Das ist die eine Seite. Denn dem stehen enorme Nachteile gegenüber. Langfristig, das sagt auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), verhindert ein Minijob mehr Chancen als er ermöglicht. Als berufliche Referenz ist er selten geeignet und wirkt eher dequalifizierend (Stichwort: berufliche Sackgasse). Er lockt mit der Befreiung von Steuern und Sozialausgaben; führt dabei aber zu Altersarmut und somit zu enormer Belastung der deutschen Sozialsysteme. Darüber hinaus, so die Frauen von Competentia”, ist der Minijob eher ein klassische Frauenarbeitsverhältnisse und ein Ausdruck traditionell-konservativer Familienplanung, die durch das aktuelle Steuerrecht und das Ehegattensplitting flankiert und gefördert wird. Und tatsächlich zeigt die Statistik, dass es mehr Frauen als Männer sind, die einen Minijob haben. Und das durchschnittlich 7 Jahre!
Für Arbeitgeber*innen, so berichteten eingeladene Führungskräfte, sei der Minijob alles andere als der Weisheit letzter Schluss. Er sei für sie das teuerste Arbeitsverhältnis und die Gehaltsgrenze gestalte die Personalplanung eher unflexiblel. Viele Arbeitgeber*innen würden ihre Angestellten lieber mehr arbeiten lassen, als das mit einem Minijob möglich sei. Viele Minijobber würden lieber das Arbeitsverhältnis beenden, anstatt in feste sozialversicherte Anstellung innerhalb des Betriebes überzugehen. So würden ihnen Angestellte verloren gehen, die den Arbeitsplatz kennen würden und müssten neue Arbeitskräfte aufwendig wieder anlernen.
Die Frauen gehen also in die Offensive. Sie wollen eine Kampagne entwickeln, die voraussichtlich den Namen „Maxi statt Mini“ tragen wird. Ob die Gesellschaft ihre Botschaft hören wird? Ich jedenfalls fand ihre Argumente sehr überzeugend. Vor allem auch deshalb, weil sie nicht alle Minijobs über einen Kamm scheren, sondern lieber einen biografischen Ansatz wählen wollen. Ein Minijob kann nämlich auf kurzem Weg ganz praktisch sein. Aber eben langfristig auch eine verführerische Armutsfalle.
DGB – Ratgeber für Angestellte mit “ungesicherten Jobs”