1. Mai: Protest in Münster

ich hatte spass300 Demonstrant*innen Menschen demonstrierten am 1. Mai in „Münsters guter Stube“, der Stubengasse unter dem Motto „Die Zukunft der Arbeit gestalten wir“ für bessere Arbeitsbedingungen. Das Bündnis „Münster gegen TTIP“ baute dort erfolgreich einen Infostand auf und sammelte für die Europäische Bürger*inneninitiative Unterschriften. Ich war gerne dabei und danke, dass sich auch die Gewerkschaften gegen TTIP und Co. einsetzen. Hier die Eröffnungsrede des DGB-Stadtverbandsvorsitzenden Peter Mai. Dieses Jahr hat der DGB den 1. Mai gemeinsam mit dem Integrationsrat der Stadt Münster organisiert. Der Grund: sie wollten ein klares Zeichen gegen Rechtsextremismus und Rassismus setzen. Ich denke, dass Ihnen gelungen. Nur über den Veranstaltungsort lässt sich meiner Meinung nach streiten. Denn die Stubengasse ist alles andere als familienfreundlich. Das nächste Mal wäre es entscheidend besser in einen Park zu gehen. Das ist einfach gemütlicher.

Aber hier, bitteschön, die Rede:

Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Freundinnen und Freunde, liebe Einzelgewerkschaften und ihre Geschäftsführer,

und vor allem: liebe Wählerinnen und Wähler. Die Oberbürgermeisterwahl in Münster wirft ihren Schatten voraus. Das sieht man an der heute so zahlreich erschienen Politikprominenz. Wir begrüßen den Amtsinhaber, den CDU-Oberbürgermeisterkandidaten Markus Lewe, den Oberbürgermeisterkandidaten der Sozialdemokratie Jochen Köhnke und die Bundestagsabgeordnete und grüne Oberbürgermeisterkandiatin Maria Klein-Schmeink.

Sie, liebe Münsteranerinnen und Münsteraner können die Gelegenheit nutzen, um den Kandidatinnen und Kandidaten mitzuteilen, was ihnen wichtiger ist: gute Arbeitsbedingungen für Erzieherinnen und Erzieher und ein damit einhergehendes familienfreundliches Münster oder ein weiteres Prestigeprojekt wie ein Katholikentag oder die Anbindung an die Tour de France. An Themen fehlt es nicht. Und die Herausforderungen werden nicht weniger.

Außerdem begrüße ich sehr herzlich den Kollegen Knut Gießler von der IG Metall NRW, der den Hauptredebeitrag des heutigen Tages an uns richten wird.

Der 1. Mai als „Tag der Arbeit“ war und ist seit über 125 Jahren traditionell ein Tag politischer Bewegungen, ein Tag des Widerstands. Des Widerstands gegen Ausbeutung und Unterdrückung des Menschen durch den Menschen. Ein Tag gegen soziale Ausgrenzung und mörderische Kriege. Ein Tag für den Frieden und ein Bekenntnis zu Freiheit und soziale Gerechtigkeit, Völkerversöhnung und Menschenwürde.

Das Motto des 1. Mai 2015 lautet „Die Arbeit der Zukunft gestalten wir!“ Das ist Ausruf und Aufforderung zugleich. Da schwingt die Frage mit, welche Zukunft wir uns wünschen und von da ausgehend, wie die Arbeit der Zukunft durch uns gestaltet werden muss und in wieweit wir als lohnabhängige Beschäftigte in der Lage sind, unsere Arbeitsbedingungen in die Hand zu nehmen und selbst zu formen. Für jemanden, der keine Arbeitsstelle hat und froh wäre eine zu haben, klingen diese Fragen vielleicht zynisch. Aber sie müssen gestellt werden, weil unsere Arbeitsbedingungen unsere Lebensbedingungen und unsere Lebensqualität bestimmen.

Nehmen wir mal das Beispiel Schichtarbeit. Millionen von Menschen in Deutschland arbeiten in wechselnden Schichten oder zu ungewöhnlichen Zeiten. Dabei ist Schlafmangel vorprogrammiert. Die Folgen können Depressionen, Bluthochdruck, aber auch Diabetes sein. Schlafstörungen, Verdauungsstörungen, Schichtarbeit ist sowohl eine Belastung für unser Immunsystem wie auch für unsere Herzkreislauf. Sie erhöht am Arbeitsplatz das Unfallrisiko, kann die Nerven angreifen und zu erhöhter Reizbarkeit führen. Manche Wissenschaftler*innen behaupten, Schichtarbeit wirke Lebenszeit verkürzend. Wer von uns kennt nicht den ein oder anderen, der frühzeitig an einem Herzinfarkt oder Krebs mit Anfang 50 gestorben ist und das Gefühl, der Ohnmacht und der Ungerechtigkeit, das damit einhergeht?

Und Schichtarbeit belastet nicht nur unsere Gesundheit, sondern auch unser soziales Umfeld. Wer Schicht arbeitet, hat möglicherweise nur wenig gemeinsame Stunden mit der Familie oder der Lebenspartnerin oder dem Lebenspartner. Wenn der Papa nach der Arbeit in der Badewanne einschläft, trifft das vor allem die Kinder, die dann nichts von ihm haben. Wer monatelang nicht anderes kennt als Arbeit und Leistungsdruck, der hat nur selten Kraft für Aktivitäten wie Tanzen, Schwimmen oder Ausflüge. Schichtarbeit kann zur sozialen Isolation führen. Und das führt dann wieder zu zusätzlichen gesundheitlichen Belastungen.

Wir Gewerkschaften haben immer gegen gesundheitsgefährdende Arbeitsbedingungen gekämpft und werden dies weiterhin tun. Dabei bleiben wir nicht nur bei der Frage nach guten Arbeitsbedingungen stehen, sondern stellen gleichzeitig die Forderung nach mehr Mitspracherecht in den Betrieben auf. Denn nur wenn wir unsere Arbeitsbedingungen selbst bestimmen, bekommen wir Arbeitsbedingungen, die uns nicht ausbeuten und krank machen. Deshalb brauchen wir gute und gesundheitserhaltende Arbeitsbedingungen. Weil gestern wie heute das Credo gilt: Die Arbeit ist für den Menschen da und nicht der Mensch für die Arbeit.

Und wenn sich schlechte Arbeitsbedingungen auf die Lebensqualität auswirken, wie wirken sich erst dann schlechte Lebensbedingungen auf die Gesundheit eines Menschen aus?

Fast täglich suchen weltweit ihr Heil in der Flucht. Unfreiwillig verlassen sie ihre Heimat. Flüchten vor Hunger und Krieg. Sie suchen eine bessere Lebensperspektive für sich selbst und ihre Kinder. Wir erinnern uns und an die jüngsten Flüchtlingskatastrophen im Mittelmeer, die hunderten Menschen das Leben kosteten. Die Toten liegen vor den Füßen Europas und fragen uns: warum habt ihr nichts getan? Es ist eine Schande!

Dass auch wir Gewerkschaften uns mit der Flüchtlingsfrage beschäftigen, ist nicht nur eine Frage des Mitgefühls, sondern auch unseres Selbstverständnisses als Gewerkschaften! Und wir wissen alle, dass Europa mehr tun muss, um weitere Leichenberge zu verhindern.

Jahrzehnte lang hat die Europäische Außen- und Subventionspolitik ihren Teil zu den schlechten Lebensverhältnissen der nun flüchtenden Menschen beigetragen. Viele sagen: unser Wohlstand sei mit der Armut der Menschen der Länder des Südens erkauft und dass die europäische Außen- und Wirtschaftspolitik eine Mitschuld an den Umständen, welche die Menschen zur Flucht bewegen, tragen. Das mag sein. Aber richtig schuldig machen wir uns dann, wenn Europa nicht endlich alle die Hebel in Bewegung setzt, damit nicht noch mehr Menschen sterben. Wir müssen den Flüchtlingen endlich die Chance bieten, auch außerhalb Deutschlands Asyl zu beantragen. Wir müssen mehr Flüchtlinge aufnehmen, sie menschenwürdig unterbringen und – wenn möglich – eine Perspektive bieten.

Auch die Möglichkeiten der Flüchtlinge, in Deutschland arbeiten zu können, müssen besser geregelt werden. Der DGB-Bundeskongress hat dazu im Mai einen umfangreichen Beschluss gefasst, in dem unter anderem eine Öffnung des Arbeitsmarktes für Flüchtlinge und eine geregelte Zuwanderungspolitik gefordert werden. Zur Rettung eines Menschenlebens sollte uns kein Euro zu schade sein. Deutschland sollte dabei vorangehen!

Wir als DGB Münster und DGB Münsterland haben den heutigen 1. Mai gemeinsam mit dem Integrationsrat der Stadt Münster organisiert. Wir wollen damit den internationalen Charakter des „Tags der Arbeit“ unterstreichen und ein klares Signal an all diejenigen senden, die meinen, sie müssten einem rückwärtsgewandten Nationalismus nachhängen.

Denn der DGB verurteilt jede Form der Fremdenfeindlichkeit und des Rassismus. Schulter an Schulter, Seite an Seite werden wir gemeinsam mit unseren Bündnispartnern und unseren ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern mit allen Mitteln und entschlossen gegen die Hetze der braunen Brut kämpfen.

Wir waren da, als…

…die Neonazis am 03. März 2012 im Rumphorstviertel aufmarschierten.

…am 20. Juli 2012 die NPD versucht hat, hinterm Hauptbahnhof eine Kundgebung abzuhalten.

…es im September 2012 um den Kampf gegen die Rückumbenennung des Schlossplatzes in Hindenburgplatz ging.

…am 15. August 2013 die NPD schon wieder versuchte, eine Kundgebung abzuhalten.

…am 30. Januar tausende Münsteranerinnen und Münsteraner gegen Pegida auf die Straße gingen.

Und, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden auch das nächste, das übernächste und das übernächste mal da sein. Ich weiß euch alle dabei an meiner Seite!

Egal, ob es gegen Pegida geht, oder neonazistische Fußtruppen oder die NPD, lieber Ömer Yavuz, ihr könnt euch unserer Unterstützung sicher sein. Kein Fußbreit den Faschisten! Wir sind alle Münsteranerinnen und Münsteraner, wir sind alle Menschen und Nachbarn und wir lassen uns nicht von ewig gestrigen und Fehlgeleiteten auseinanderdividieren.

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