Die Stadtverwaltung integrieren

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Von links nach rechts: Harry Seemann (parteilos), Jochen Köhnke (SPD), Dr. Ömer Lütfü Yavuz (Integrationsrat), Maria Klein-Schmeink (B90/Die Grünen/GAL), Heinrich Götting (FDP). Foto: Rostek.

Vergangenen Sonntag diskutierten die Oberbürgermeisterkandidatinnen und Oberbürgermeisterkandidaten über die münsteraner Integrations- und Flüchtlingspolitik. Eingeladen hatte der Integrationsrat. Alle waren sich einig: es gibt noch viel zu tun.

Maria Klein-Schmeink (hier im Video auf dem grünen Landesparteitag der Grünen in NRW), Oberbürgermeisterkandidatin der Grünen, begann ihre Rede mit einem Zeichen der Verbundenheit mit der Stadt Münster. „Ich kandidiere, weil ich eine Stadt der Vielfalt will“, sagte sie und betonte, dass hierfür mehr Wohnungsbau und Nachverdichtung notwendig wäre, um den Wohnungsmarkt zu entlasten, günstigen Wohnraum und Unterbringungsmöglichkeiten für Flüchtlinge zu schaffen. Der Münster-Pass müsse dringend erhalten werden und es müsse gelingen, die Gesellschaft in der Stadtverwaltung abzubilden. Sie plädierte für mehr Begegnungsräume und Treffmöglichkeiten, die dafür sorgen sollen „das Integration gelingt.“ Im Bereich Arbeitsintegration bräuchte es mehr sozialversicherungspflichtige Beschäftigung und insbesondere im Pflegebereich würde die Arbeit der Angestellten zu wenig geschätzt. Es brauche dort bessere Arbeitsbedingungen. Manche Einrichtungen seien ohne ausländische Pflegekräfte nicht aufrecht zu erhalten, so Klein-Schmeink. Zur Förderung von Vereinen könne sie es sich vorstellen, einen Haushaltstitel einzurichten, der der finanziellen Unterstützung von interkulturellen Vereinen dienen kann. In der Flüchtlingspolitik forderte sie mehr psychosoziale Betreuung. Die psychischen Belastungen, denen Flüchtlinge ausgesetzt wären, würden oft erst nach Jahren ihre Wirkung entfalten. Darauf müsse man sich bereits heute schon mit Personal vorbereiten.

Jochen Köhnke, Oberbürgermeisterkandidat der SPD, verwies auf die Debatte über anonymisierte Bewerbungsverfahren. Es gebe einen latenten Alltagsrassismus, der dazu führe, dass Menschen mit Migrationshintergrund nicht zu Vorstellungsgesprächen eingeladen werden würden. Man müsse außerdem den Ausbildungsbereich der Stadtverwaltung in den Blick nehmen, um dort im Vorhinein die interkulturelle Kompetenz zu erhöhen. Durch eine leistungsorientierte Bezahlung könnte interkulturelle Kompetenz belohnt werden. Außerdem müssten Personalmanager erkennen, dass ein Migrationshintergrund kein Nachteil, sondern ein Vorteil sei, der bei der Personalauswahl höher bewertet werden müsse.

Heinrich Götting, der Oberbürgermeisterkandidat der FDP, meinte, dass Münster integrationspolitisch eine gute Ausgangslage habe, es aber noch besser gehe. Er forderte ein Umdenken in den münsteraner Personalabteilungen und verwies auf das münsteraner Migrationsleitbild, dass es nicht nur zu verfassen, sondern auch umzusetzen gelte. Er rief Migrant*innenvereine dazu auf, sich nicht abzuschotten und die ausländische Bevölkerung, auf „ihre deutschen Nachbarn“ zuzugehen.

Harry Seemann, parteiloser Oberbürgermeisterkandidat, stellte sein Wahlprogramm im Allgemeinen vor. Neben mehr Transparenz im Stadtrat durch beispielsweise ein Rats-TV forderte er eine „echte Bürgerbeteiligung“ und versprach den Klüngel des „Hüffer-Clans“ zu beenden. Er verwies darauf, dass sich auch im Stadtrat zu wenig Migrantinnen und Migranten befänden. Die Flüchtlingsströme bezeichnete er als Quittung für die Waffenexporte. Man dürfe sich nicht wundern, wenn Waffen, die Deutschland in andere Länder liefere, auch benutzt würden, so Seemann. Und er beschwerte sich darüber, dass er als Kandidat nicht in die WN-Cineplex-Wahlarena eingeladen worden sei. Er wünsche sich, dass dort „dann mal alle CDU-Mitglieder aufstehen“, damit man sehen könne, wie die Eintrittskarten verteilt worden wären.

Oberbürgermeister Markus Lewe (CDU) war nicht anwesend. Er hatte sich entschuldigt. Er habe andere wichtige Termine. Diese Einstellung hat vom Podium aber auch aus dem Publikum heraus zu zahlreichen Attacken gegen ihn geführt. Podium und Zuschauerinnen und Zuschauer quittierten die Abwesenheit des Ob mit bissigen Kommentaren. Maria Klein-Schmeink bezeichnete seine Abwesenheit als „respektlos“, denn schließlich handle es sich beim Integrationsrat um ein städtisches Gremium, dass geschätzt werden müsse. Kandidat Köhnke meinte, dass Lewe sich damit gegenüber allen Münsteranerinnen und Münsteranern mit Migrationshintergrund respektlos zeige. Außerdem sei Lewes Verhalten unter demokratischen Gesichtspunkten untragbar. Die Auseinandersetzung mit den Gegenkandidatinnen und Gegenkandidaten zu scheuen, dürfe in einer Demokratie nicht sein. Ein Amtsinhaber müsse sich „dieser Prüfung unterziehen“, so Köhnke. Er hoffe, dass die Strategie des Ob „nicht funktioniert.“ Als während der Podiumsdiskussion bekannt wurde, dass sich Markus Lewe auf einer Stadtrundfahrt mit CDU-Mitglieder befände, zeigten sich zahlreiche Zuschauerinnen und Zuschauer ziemlich empört.

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