Für eine kommunale Umnutzungsstrategie von kirchlichen Immobilien

In Münster sind im Jahr 2021 3.214 Personen aus der katholischen Kirche ausgetreten. Das sind 1.497 mehr als im Vorjahr. Ähnliche Zahlen gibt es aus Steinfurt, Coesfeld und Borken. Insgesamt hat das gesamte Bistum Münster im Jahr 2021 34.176 Mitglieder verloren. Davon sind 22.614 Abgänge Austritte. Setzt sich dieser Trend fort und ließe man die ca. 13.000 Taufen heraus, gäbe es in ca. 50 Jahren im Bistum keine katholischen Kirchenmitglieder mehr. Das wirft die Frage auf, was mit den zahlreichen Immobilien der Kirchen geschehen wird, wenn die Kirche sie finanziell nicht mehr halten kann.

Die Gesamtzahl der Kirchenmitglieder belief sich 2021 auf 41,3 Millionen. Das Jahr 2021 verzeichnete für Deutschland 640.000 Kirchenaustritte: 280.000 Evangelische und 360.000 Katholiken. So viele, wie noch nie. Und es ist davon auszugehen, dass sich dieser Trend angesichts der demografischen Entwicklung, des steinigen „synodalen Weges“, wegen der zahlreichen Priestern angelasteter Kindermissbrauchsfällen und diverser sicherlich nicht ausbleibender Finanzskandale fortsetzen wird.

Für viele findet durch den Kirchenaustritt eine Jahrzehnte andauernde Frustration ein Ende. Als Gründe des Austritts werden fehlende Glaubwürdigkeit genannt, aber auch die fehlende Gleichberechtigung von Frauen. Ein weiterer Grund ist der Umgang der Kirche mit Homosexualität. Viele, die in Rahmen der Kirche beispielsweise Kinder für die Erstkommunion betreuen, fragen sich, ob sie wirklich die veraltete kirchliche Sexualmoral vertreten möchten (1).

Studien geben an, dass sich die Anzahl der Kirchenmitglieder (evangelisch wie katholisch) bis zum Jahr 2060 auf 22,7 Millionen nahezu halbieren wird (2). Falls sich die Landesregierungen dazu durchringen würden, den Kirchenaustritt zu digitalisieren, wenn Austrittswillige also nicht mehr zu einem Amtsgericht müssten, um die notwendigen Austrittsformulare auszufüllen, könnte es noch schneller gehen. Die CDU-geführte NRW-Landesregierung weigert sich, der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes nachzukommen, das hunderte staatliche Verwaltungsleistungen digitalisieren soll (3). Aber man weiß ja nie.

Was bedeutet das für die Zukunft? Allein die EKD zählt in Deutschland 20.000 Kirchen. Dafür werden pro Jahr von der EKD 1,2 Milliarden Euro ausgegeben. Die Katholische Kirche hat 24.000 Kirchengebäude. In Deutschland braucht es im Schnitt 7 Jahre, um eine Kirche einer neuen Nutzung zuzuführen. Übrigens: Von den 1,763 Millionen Kirchenmitgliedern des Bistums Münster nahmen 2021 nur 64.963 an einem Gottesdiensten teil (4). Das sind nur 3,68 Prozent.

Eine langfristige Strategie im Umgang mit den Kirchenaustritten und den damit freiwerdenden Gebäuden scheint – beispielsweise auf kommunaler Ebene – geboten, damit für den Fall einer Übernahme von Immobilien staatliche finanzielle Mittel bereitstehen, um sie (teilweise) zu erwerben. So kann dann preiswerter Wohnraum erhalten und neue attraktive Angebote (z.B. Umwidmung von Kirchen in Kultureinrichtungen etc.) geschaffen werden. Hier zahlt sich vorausschauendes Denken und Handeln aus.

Quellen:

(1) Obertreis, Sarah: Die nachchristliche Generation, in: FAS vom 03.07.2022.

(2) Jansen, Thomas: Ein Erdrutsch. Die katholischen Bischöfe mussten auf das schlimmste gefasst sein (…), Faz vom 28.06.2022.

(3) Deckers, Daniel: Weiter wie bisher, aus: FAZ vom 15.07.2022.

(4) Fenner/Repöhler: Bistum Münster stellt Jahresstatistik vor – „Viele von der Kirche enttäuscht“, aus WN vom 28.06.2021

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