Es gibt Gefahren, die sind offensichtlich und einige, die liegen eher im Verborgenen. Sexueller Missbrauch zum Beispiel. Es ist noch gar nicht so lange her, da nahm ich an einer Infoveranstaltung des Vereins Zartbitter in Münster zu diesem Thema teil und seitdem hat es mich nie ganz losgelassen. Die zahlreichen Kindesmissbrauchsfälle in NRW, die zunehmenden Medienberichte über viele weitere Fälle – und die ungenügende Aufarbeitung durch Institutionen – haben dann dazu geführt, dass ich mich immer mehr für den Bereich Kindesmissbrauchsvorbeugung interessiere.
Und es kam mir ein Gedanke: Sollten wir nicht auch bei Fridays For Future in Münster vorbeugend tätig werden? Denn Tatsache ist: bei Fridays sind zahlreiche junge Menschen über WhatsApp miteinander vernetzt. Wer in einer Infogruppe ist, und es gibt mittlerweile 10 Stück davon mit jeweils ca. 250 Personen, sieht alle darin enthaltenen Telefonnummern plus Foto des*der Inhaber*in. Das ist eine Sicherheitslücke, die sich nicht schließen lässt und möglichen Täter*innen ein Einfallstor bietet. Deshalb habe ich dem Orga-Plenum von Fridays For Future Münster vorgeschlagen, eine Massennachricht an alle Gruppenmitglieder zu schicken, um diese vor möglichen Täter*innen zu warnen. Rein vorbeugend. Und der Vorschlag wurde einstimmig angenommen.
Ich habe also einen Textvorschlag für diese Massennachricht ausgearbeitet und den Profis von Zartbitter e.V. zur Kontrolle vorgelegt. Diese haben einige wenige Korrekturen vorgenommen. Dem Text habe ich die Notfalltelefonnummer von Zartbitter e.V. hinzugefügt, so dass sich Betroffene direkt dort melden können, um Zuspruch und Trost zu erlangen. Denn sexueller Missbrauch findet nicht nur in Vereinen und Verbänden, sondern auch im familiären Umfeld statt. Aus dem Plenum kam noch der Vorschlag, eine eigene Ansprechpartnerin zu benennen, die mit Melanie Kunst, selbst Psychotherapeutin, schnell gefunden war. Sie stellte ihre Mailadresse zur Verfügung, damit Opfer sie direkt anschreiben können.
Am 11. März wurde der endgültige Text als vorbeugende Maßnahme an alle Mitglieder der Fridays-WhatsApp-Infogruppen verschickt und ich finde, er ist uns sehr gut gelungen. Er lautet:
Hallo! Die Medien berichten immer wieder über sexuellen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen. Es ist wahrscheinlich, dass sich auf WhatsApp und im Internet Täter*innen aufhalten und dort nach möglichen Opfern suchen. Als Fridays For Future Münster wollen wir dieser Gefahr offensiv ins Gesicht sehen. Wir wollen vorbeugend tätig sein, Opfern Mut machen und dazu beitragen, dass Täter*innen nicht zum Zuge kommen. Falls dich also jemand angeschrieben hat und etwas von dir verlangt hat, was dir unangenehm war, dich jemand belästigt hat oder dich aufgefordert hat, Fotos von dir zu schicken. Falls dich jemand aufgefordert hat, sexuelle Handlungen zu begehen oder jemand dich um ein Treffen gebeten hat, dann: melde dich bei uns. Gemeinsam mit dem Verein Zartbitter kann Fridays For Future Münster dir helfen. Falls du betroffen bist, melde dich bei Zartbitter e.V. unter der Telefonnummer 0251 / 41 40 555 oder schreibe eine Mail an unsere interne Ansprechpartnerin Melanie Kunst (mail@melanie-kunst.de). Du hast das Recht Nein zu sagen, denn dein Körper gehört dir!
Ich hoffe, es hilft. Vor allem präventiv. Und ich hoffe, dass noch weitere Vereine und Verbände sich Gedanken darüber machen, wie es verhindert werden kann, dass Kinder und Jugendliche zu Opfern von sexuellem Missbrauch werden. Ein Anruf bei einer qualifizierten Beratungsstelle genügt, um das anzugehen.