Die Deutsche Bundesregierung hat den Völkermord an den Herero und Nama in der deutsch-südwestafrikanischen Kolonie faktisch anerkannt. Von 1904 bis 1908 haben deutsch-kaiserliche Truppen bis zu 80.000 Menschen im heutigen Namibia unterdrückt und ermordet. Die Anerkennung des Völkermords ist die Gelegenheit auch in Münster vor der eigenen Haustür zu kehren. Die Westfälische Wilhelms-Universität sollte endlich umbenannt werden. Aus Respekt vor den Ermordeten, den Hinterbliebenen und als Beitrag zur Bekämpfung rassistischer und kolonialistischer Erinnerungskultur.
Die Bundesregierung lehnt es zwar ab, Entschädigung an die Hinterbliebenen der Opfer zu zahlen, dennoch ist die Anerkennung ein guter und längst überfälliger Schritt. Wurde dies noch durch CDU/CSU und FDP am 22. März 2012 abgelehnt, hat die Große Koalition aus CDU/CSU und SPD nun endlich eine Teilverantwortung übernommen. Auch wenn die Entscheidung unbefriedigend sein mag, macht sie den Weg frei für neue aktive postkolonistischen Erinnerungsarbeit und die Beseitigung rassistischer kollektiver Erinnerungskonstruktionen.
Die Lehren, die aus der Kritik am postkolonialen Diskurs gezogen werden können, sind auf die aktuelle deutsch-europäische Geflüchtetendebatte übertragbar. Problemantische Verallgemeinerungen, die Zuordnung von positiven Eigenschaften (für die eigene Bevölkerungsgruppe) und die Zuordnung negativer Eigenschaften (für die “fremde” Bevölkerungsgruppe) gab es damals wie heute, ist auch im 21. Jahrhundert Auslöser für Ressentiments und Kriege und sickern weiterhin in die deutsche Alltagskultur hinein, wirken fort – und das mit allen menschenfeindlichen Konsequenzen wie beispielsweise brennende Geflüchtetenheime.
Die Entscheidung der Bundesregierung, den Völkermord an den Herero und den Nama anzuerkennen, ist für Münster die Chance, an der postkolonialen Debatte teilzunehmen und eigene Akzente zu setzen. Dass die Universität in Münster, die Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, immernoch nach Kaiser Wilhelm II: benannt ist, der nun auch offiziell als Völkermörder gelten kann, ist unerträglich, moralisch verwerflich und markiert Ignoranz gegenüber der deutschen Geschichte und den Lehren, die daraus gezogen werden können.
Nach der Entscheidung der Bundesregierung wird es den Befürworter*innen der aktuellen Namensgebung schwerer fallen, den Völkermord anden Herero und den Nama auszublenden. Der Hinweis auf mögliche Kosten einer Umbenennung ist längst nicht mehr haltbar und weist eher auf die langjährige kollektive Verdrängungsleistung vergangener Hochschulleitungen und Senate hin. Mit der Wiederaufnahme der Namensdebatte würde das neu gewählte Rektorat der Uni Münster genau wie die Bundesregierung eine längst überfällige Entscheidung treffen. Der Senat sollte erneut eine Kommission zur Findung eines Namens einrichten, der den Werten einer Hochschule wie der Universität Münster (und der Stadt Münster, die ja eine Friedensstadt sein will,) würdig ist.