Vergangenen Donnerstag war Alexander Trennheuser vom Bundesvorstand von Mehr Demokratie e.V. in Münster zu Besuch. Ich hatte ihn ins „nebenan“ eingeladen, um gemeinsam mit interessierten Bürger*innen über die Verbesserung der Bürgerbteiligung in Münster zu diskutieren. Viele Münsteraner meinten, die Investor*innen hätten zu viel Macht.
Ich eröffnete den Abend mit einem Zitat der ehemaligen Rektorin der Uni Münster. Es lautete: „Das Fazit lautet für mich: Mund halten! Ich fasse das in der Uni bei vielen Gelegenheiten mit dem Satz zusammen: ‚Über Pläne wird erst gesprochen, wenn die Bagger schon auf dem Grundstück stehen!’“ (Quelle)
Solche Meinungen in der Zeitung zu lesen und zu wissen, dass sie auf dem Neujahrsempfang der Stadt Münster gesprochen worden sind, gehören eher zu den frustrierenden Aufgaben eines Politikers, der sich mit der Verbesserung der Bürgerbeteiligung beschäftigt. Ich ließ es mir aber nicht nehmen, es erneut als unzweitgemäß zu verurteilen. (Ich ergänzte, dass es mich an das Buch „Per Anhlter durch die Galaxis“ von Douglas Adamas erinnerte, in dem ebenfalls wohl die schönste Baggerszene der Literaturgeschichte gibt.)
Alexander Trennheuser betonte, dass Bürgerbeteiligung ein „Meta-Thema“ sei, das die Eigenschaft besitze, solange keine Aufmerksamkeit zu erregen, bis ein konkreter Fall ins das Leben der Menschen eindringe und sie direkt konfrontiert würden.
Er legte in aller gebotenen Kürze dar, welche Beteiligungsmöglichkeiten und direkt-demokratische Instrumente es in Deutschland gibt und wie sich die Beteiligungskultur in den vergangenen Jahrzehnten entwickelt hat. Denn Tatsache ist: die Parteien haben unglaubliche viele Mitglieder verloren. Sie sterben wie die Fliegen weg. „Wenn das so weitergeht, wird es die SPD in ein paar Jahrzehnten nicht mehr geben“, so Trennheuser. Tatsächlich hat sich die Mitgliederzahl der SPD seit 1990 bis 2014 auf ca. 460.000 Mitglieder halbiert und erreichte damit den Mitgliederstand der CDU. Die Parteien müssen aus immer weniger Mitgliedern Personal rekrutieren und stellen, betonte Trennheuser.
Die Zuhörer*innen legten ihre Sicht der Dinge dar. Sie fühlten sich von Politik, Verwaltung und Investor*innen ausgebotet. „In Münster sind Bürgerbeteiligungsinstrumente vor allem beim Bauen eine Einbahnstraße“ sagte ein Teilnehmer wörtlich. Viele waren der Meinung, dass sich Verwaltung und Politik viel zu gut verstehen. Sie forderten Qualifizierungsmaßnahmen für engagierte Bürger*innen, so dass diese politische Prozesse besser überblicken und prägen könnten. Denn die Bürger*innen erführen viel z uspät, was die Investor*innen wollten und könnten deshalb nicht rechtzeitig reagieren. Manche bemerkten, dass Baumaßnahmen im Bauausschuss meist unter Ausschluss der Öffentlicheit besprochen werden würden. Dies sei für die Bürgerbeteiligung pures Gift. Doch warum ist das eigentlich so und könnte eine Partei durch einen Antrag im Ausschuss diese Geheimhaltung aufheben? Spannende Frage…
Vielleicht könnte eine Transparenzsatzung helfen, die dafür sorgen könnte, dass Informationen unaufgefordert von der Stadtverwaltung ins Internet gestellt werden würden. Ein Paradigmenwechseln. Ebenso könnte eine Vorhabenliste hinzukommen, die sechs Monate bevor ein Bauvorhaben überhauüt ein städtisches Gremium erreicht, die Menschen darüber in Kennntis setzt. Darüber könnte man ein Bürgerbeteiligungs-Leitliniensystem erschaffen, dass verbindlich den Einsatz von Bürgerbeteiligungsinstrumenten und direkt-demokratischen Elementen regelt und das System weiterentwickelt.
Am Ende der Veranstaltung war allen Beteiligten klar, dass in Münster viel zu selten über Bürgerbeteiligung gesprochen wird. Man solle doch die Veranstaltung in einem größeren Maßstab wiederholen. Ich würde mich darüber sehr freuen.
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