
Auf Bitte des Landesinnenministeriums NRW hat die Stadtverwaltung – unterstützt von zahlreichen Hilfsorganisationen – für 130 Flüchtlinge eine Übergangseinrichtung geschaffen. Bis Ostern soll der Betrieb der Einrichtung aufrecht erhalten werden. Ankommende Flüchtlinge werden von dort an andere Kommunen weiterverteilt. Bislang sind 99 Geflüchtete aus 10 Nationen in der Einrichtung angekommen; darunter 20 Kinder und junge Erwachsene im Alter von 14 bis 17 Jahren. Zur Koordination von Hilfsgütern und ehrenamtlichen Angeboten hat die Lukas-Kirchengemeinde auf ihrer Online-Präsenz eine eigene Seite eingerichtet. Gestern hatten die Bürger*innen die Gelegenheit sich über die Einrichtung zu informieren. Eines vorweg: alle Beteiligten wurden mit Lob und Applaus überschüttet.
Vor zwei Jahren waren in Münster ca. 300 Flüchtlinge untergebracht. Heute sind es über 2.100. Jeden Monat kommen 150 Flüchtlinge dazu. Wenn dann auch noch das Land NRW um Unterstützung bittet, muss es ganz schnell gehen. Deshalb hat die Stadt Münster gemeinsam mit dem Arbeiter-Samariter-Bund, dem Deutschen Roten Kreuz, der Johanniter-Unfall-Hilfe, dem Malteser-Hilfsdienst und der evangelische Lukasgemeinde Nägel mit Köpfen gemacht und in Rekordzeit innerhalb von 48 Stunden aus der ehemaligen Wartburgschule in Münster-Gievenbeck eine temporäre Fluchtlingsaufnehmestätte gezimmert. Doppelbetten, Matratzen und Schränke aus Bundeswehrbeständen sind nunauso Teil der neuen Inneneinrichtung wie eine Kranken- und Isolierstation, eine Kindertagesstädte, Gebetsräume, eine Kleiderkammer, eine Waschküche und ein Essensraum. Eine Sozialarbeiterin und ein Sicherheitsdienst sind vor Ort.
Die Geflüchteten, so der Einrichtungsleiter, kämen mit „Koffern und Plastiktüten“ und kämen aus allen Gesellschaftsschichten. Die Erfahrungen der Schutzsuchenden sei geprägt von bitterer Armut und rücksichtsloser Gewalt und Mord. In der Aufnahmestelle hätten sie deshalb die Möglichkeit, an einem sicheren Ort erst einmal zur Ruhe zu kommen. Die ersten fünf Tage nach der Ankunft der Gelüchteten seien wichtige „Ankommenstage“, in denen die medizinischen Versorgung im Vordergrund stünde.
Dass mit der Zahl der Flüchtlinge auch die Hilfsbereitschaft wächst, bewiesen die Gievenbecker*innen dadurch, dass sie unnachgiebig die Frage aufwarfen, was sie zu eine „gelungene Willkommenskultur“ beitragen könnten und „nachbarschaftlich Sinn“ mache. Woher kommen die Leute? Wie kann man mit ihnen kommunizieren? Wie kann man konkret helfen? Was wird gebraucht? Frage wie diese brannten den Gievenbecker*innen auf den Nägeln. Und die Stadtverwaltung antwortete bereitwillig und ausführlich, dass viele der Flüchtlinge auch Englisch, manche sogar Deutsch sprechen würden. Mittlerweile habe sich unter den Bewohner*innen der Einrichtung ein auf gegenseitige Unterstützung basierendes „Dolmetschernetz“ gebildet.
Die Anwohner*innen stellten eigene Unterstützungsideen vor und machten konkrete Hilfsangebote. Ein Anwohner schlug beispielsweise vor, für die Flüchtlinge eine Stadtführung zu organisieren oder einfach mal mit ihnen spazieren zu gehen, damit sie Münster besser kennenlernen und ein Gefühl dafür bekämen, wo sie sich gerade befänden.. Eine Gievenbeckerin wollte Flüchtlinge zu sich nach Hause zu Kaffee und Tee einladen. Ein anderer regte an, innerhalb der Wartburgschule ein Begegnungscafé einzurichten. „Aber um Gottes Willen, bitte keine Handtücher mehr“, sagte der Pfarrer der Lukasgemeinde, Stephan Stötzel ironisch und erntete dafür zahlreiche Lacher. Offenbar hatte man in der Vergangenheit zu Handtuchspenden aufgerufen und kann sich nun vor Handtüchern kaum retten. „Wenn wir auf unsere Homepage schreiben, dass wir zwei Fußbälle für die Kinder brauchen, haben wir hier am nächsten Tag ein Bälleparadies“, stellte die Verwaltung fest.
Die Stimmung auf während der Info-Veranstaltung war also sehr angenehm. Den Gievenbecker*innen war bewusst, und sie sagten das auch, dass der Aufenthalt in der ehemaligen Wartburgschule die erste Erfahrung ist, welche die Flüchtlinge mit Deutschland machen würden.
Möglichkeiten zu helfen, gebe es, so die Verwaltung, genug. Die Aufnahmestelle sein keine geschlossene Einrichtung. Hilfsbereite Menschen könnten „auch einfach mal vorbeikommen“.