Preiswertes Wohnen – Wie Münster die Gentrifizierung aufhalten will
Die Menschen in Münster sind mit der Wohnraumsituation unzufrieden. Sie müssen lange nach einer Wohnung suchen und wenn sie eine ergattern, ist die Miete oft zu hoch oder die Wohnung renovierungsbedürftig. Viele Münsteranerinnen und Münsteraner haben laut einer aktuellen Umfrage Angst vor „Luxussanierungen“ und leiden unter steigenden Wohnnebenkosten. Gleichzeitig fallen immer mehr öffentlich geförderte Wohnungen aus der Sozialbindung. Mehr als ein Drittel ihres Einkommens geben die Münsteranerinnen und Münsteraner schon jetzt nur für das Wohnen aus. Münster ist beliebt. So beliebt, dass dies für Menschen mit mittlerem und niedrigen Einkommen zur Belastung wird. So kommt es, dass immer mehr Menschen ihre vertraute Umgebung und Nachbarschaften verlassen (müssen). Insbesondere Studierende, junge Familien, Alleinerziehende und Auszubildende können sich kaum eine stadtnahe Wohnung leisten.
Die bisherigen Anstrengungen der Stadt Münster, die Versorgung mit preiswertem Wohnraum zu gewährleisten, blieben erfolglos. Seit Jahren ist die Situation angespannt. Projekte wie die „Klostergärten“ zeigen, dass die Gesetze des Marktes andere Prioritäten setzt, also sozial schlichtweg versagt. Die Münster muss deshalb neue Wege einschlagen, um das wohnungspolitische Ziel zu erreichen. Die Politik muss gegensteuern.
Der Rat der Stadt Münster hat auf Vorschlag der Verwaltung am 11.12.13 „Handlungskonzept Wohnen – Grundzüge und Weichenstellungen“ verabschiedet. Wir Grüne haben, nachdem einige unserer Änderungsvorschläge angenommen wurden, zugestimmt. Eine Politikwende? Es hagelte auch Kritik.
Doch was wurde verabschiedet? Die Stadtverwaltung hat unter anderem folgende Vorschläge von den Parteien in das Konzept aufgenommen:
1. Die “sozialgerechte Bodennutzung”, ein Vorschlag der Grünen, beinhaltet die Selbstverpflichtung, „grundsätzlich einen angemessener Anteil der Bauflächen für die Errichtung von preisgebundenen Wohnungen (öffentlich geförderter Wohnungsbau) zu reservieren“. Die Verwaltung wird weiterhin beauftragt, den Bau preisgebundener Wohnungen in Baugebieten durch Vorhaben bezogene Bebauungspläne, durch städtebauliche Verträge und andere Instrumente des Städtebaurechts (z. B. Baulandumlegung) sicherzustellen. Vorbild sind neben den bereits angeführten Grundsätzen der Stadt München Beschlüsse der Städte Stuttgart, Frankfurt/M. und Nürnberg. Durch frühzeitige Beteiligung der Interessengruppen, der Verbände und der Öffentlichkeit soll sichergestellt werden, dass die Regelungen nicht nur rechtssicher, sondern auch situationsgerecht und praktikabel ausformuliert und gehandhabt werden können.
2. Die „Zweckentfremdungsverordnung“, ein Instrument das die Leerstandsmelder – Initiative für Münster bereits seit Monaten fordert, hat die Partei „Die Linke“ eingebracht. Mit seiner Hilfe soll langfristiger Leerstand von Gebäuden verhindert und die Wohnraumknappheit bekämpft werden. Zu diesem Zweck wird die Stadtverwaltung damit beauftragt, „dem Rat innerhalb der nächsten 6 Monate den Entwurf einer Satzung zur Vermeidung der Zweckentfremdung von Wohnraum (…) zur Beratung und Beschlussfassung vorzulegen“. Die Linke forderte in einem Antrag außerdem ein Sofortprogramm zum Bau von jährlich mindestens 300 Sozialwohnungen, das „perspektivisch bis 2018 auf 500 Wohnungen jährlich gesteigert werden soll“. Der zwischen der Wohn+Stadtbau GmbH und deren Alleingesellschafterin Stadt Münster abgeschlossene Managementkontrakt soll darüber hinaus „dahingehend modifiziert werden, dass die 2,5 Mio. € (brutto), die bislang nach dem Managementkontrakt an die Stadt fließen, zweckgebunden für den öffentlich geförderten Wohnungsbau eingesetzt werden“. Konversionsflächen, „die durch den Abzug der britischen Streitkräfte frei werden“ sollen zur Wohnraumschaffung gesichert werden.
3. Die CDU hat das Land Nordrhein-Westfalen dazu aufgefprdert, mehr Geld in sozialen Wohnungsbau zu investieren. Außerdem solle die Wohn+Stadtbau in deutlich stärkerem Maße Mietwohnraum schaffen. Die CDU plädierte in einem Antrag außerdem für die „Erhöhung von Geschossigkeiten“ von Wohnungen und für „die Schaffung von Wohnraum auf bisherigen Freiflächen“. Investitionen in Wohnen sollen „durch beschleunigte und unterstützte Genehmigungsverfahren“ erleichtert werden.
4. Die SPD forderte per Antrag einen „Zielgruppenmix in den Quartieren“ und für neue Bebauungspläne eine „Zielvorgabe eines Anteils von 30 Prozent für geförderten Wohnraum“ plus „weitere 30 Prozent für preisgedämpften Wohnraum“. Um dies zu gewährleisten, sollen Bebauungsplanfestsetzungen und städtebauliche Verträge genutzt werden. Außerdem fordern die SozialdemokratInnen, „Leitlinien zur Vergabe von Wohnbauland“ zu entwickeln, „die eine Mietpreisdämpfung möglich machen“. Vor allem für das Süd und Hansaviertel fordert die SPD eine sogenannte Milieuschutzsatzung mit der „der massive Mietpreis-Anstieg gebremst und die Verdrängung einzelner Bevölkerungsgruppen gestoppt werden soll“. Büroraum soll in Wohnraum verwandelt, Sozialbindungen verlängert und Zweckentfremdung verhindert werden.
5. Die Seniorenvertretung der Stadt Münster hat angeregt, zukünftig den „Gesichtspunkt des gemeinschaftlichen Wohnens“ stärker zu berücksichtigen. Sie weist in ihrem Antrag auf das Problem der Altersarmut hin. Auch würden immer mehr Menschen im Alter vereinsamen. Durch Umzug von Menschen, die „häufig eine zu große Wohnung nutzen und gerne eine kleinere beziehen möchten“ werde Wohnraum frei und stehe schließlich wieder zur Verfügung. In Münster seien bereits Wohnprojekte realisiert, die als gutes Beispiel dienen könnten“, so die Seniorenvertretung. Mit Hilfe von Gruppen, die „baureife Grundstücke“ suchten, um „Gedanken des gemeinschaftlichen Wohnens voran zu treiben“ könne darüber hinaus Wohnraum geschaffen werden.
Diese Anträge wurden – in leicht veränderter Form – von der Verwaltung zu einem einzigen Antrag, einem Kommunalen Handlungskonzept Wohnen – Grundzüge und Weichenstellungen, zusammengefasst. „Die politischen Intentionen der aufgeführten Ratsanträge werden mit der Vorlage zum Teil aufgegriffen. Einige Ansätze werden teilweise abgearbeitet oder ihre Erledigung wird im weiteren Beschlussverfahren zum Handlungskonzept Wohnen in Aussicht gestellt“, heißt es in dem Papier. Der Anstoß, ein solches Konzept zu erstellen, stammt aus dem Jahr 2011.
Es wird also voraussichtlich ein bunter Strauß politischer Maßnahmen ergriffen, welche die Wohnraumsituation in Münster verbessern sollen. Doch reichen sie aus? In einer Stellungnahme der Bürgerinitiative „Wohnen in Münster“ kritisiert die BI das Konzept massiv. In dem Papier befänden sich nur „unvollständige und unverbindliche Stichpunkte“. Zahlreiche Maßnahmen würden schon angewandt und die Lösung des akuten Wohnungsproblems würde auf den „Sankt Nimmerleins Tag“ verschoben. Man brauche keinen Erhalt des „status quo“ sondern eine „Trendumkehr“, um die 6.000 Wohnungssuchenden in Münster zu versorgen, so die Bürgerinitiative. Alles andere sei ein „unverdaulicher Brei, der an der sozialen Situation (…) nicht nur nichts ändert, sondern die soziale Dramatik noch zuspitzt.“
Um die Debatte in eine breite Öffentlichkeit zu tragen, haben die Grünen für Dienstag, den 18. Februar 2014, 19.00 Uhr eine Podiumsdiskussion mit dem Titel „Aktiv gegen Wohnungsnot! Was muss die Politik tun?“ angesetzt. Mit dabei sind Daniela Schneckenburger, wohnungspolitische Sprecherin der GRÜNEN Landtagsfraktion NRW, Helga Bennink, wohnungs- und planungspolitische Sprecherin der Ratsfraktion, Klemens Nottenkemper, Geschäftsführer der Wohn- und Stadtbau, Ulla Fahle, Mieter/innenschutzverein und Dr. Christian Krajewski, Diplom-Geograph am Institut für Geographie der Uni Münster. Sie wird in der Alexianer Waschküche in der Bahnhofstr. 6, 48 in Münster stattfinden.
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