Nordrhein-Westfalen hat ein neues Hochschulgesetz. In einem offenen Brief hat sich die Grüne Parteispitze an die Öffentlichkeit gewandt. Darin wird betont, dass ein Gesetz nur dann seinen Zweck erfüllt, wenn es auch in der alltäglichen Praxis Wirksamkeit entfaltet. „Der nächste Schritt wird die Umsetzung des Gesetzes und sein Wirken in der Praxis sein. Bei diesem Prozess werden wir GRÜNE in NRW die Hochschulen nicht alleine lassen, sondern diesen aufmerksam begleiten.“ Damit gehen die Grünen vor allem auf diejenigen Hochschulangehörigen ein, die von der Gesetzesnovelle, weil sie ihnen nicht weit genug geht, enttäuscht sind. Aber genau die werden jetzt gebraucht, um den Transformationsprozess der Hochschulen – jenseits der neoliberalen Ideologie – weitergehen voranzutreiben. Denn das neue Gesetz ist keine Machtergreifung oder Fremdsteuerungsversuch, sondern soll das Gleichgewicht zwischen gesellschaftlicher Verantwortung und einseitig tendierenden Marktmechanismen wiederherstellen.
Also, wie wird es weitergehen? Die Hochschulleitungen werden wohl weiter auf ihrem Standpunkt beharren, ihrem relativen Machtverlust nachweinen und die Novelle als Gängelung und Gefährdung der Hochschulfreiheit darstellen. Dabei werden sie die von der aktuellen Opposition aus CDU, FDP, RCDS und LSI Unterstützung erhalten, die sich als mögliche Befreier profilieren werden. Dazwischen werden sich die Hochschulangehörigen (Studierende, ProfessorInnen, Angestellte) befinden, die im Hochschulalltag oft alles andere als die Zeit haben, sich mit den Umständen und Zusammenhängen der Hochschulpolitik auseinanderzusetzen. Umso wichtiger, dass deren Vertretungen (ASten, Personalrat, etc.) die Entwicklungen beobachten und kommentieren, ihre Eindrücke schildern und auf erforderliche Anpassungen bestehen. Und sie müssen die Gesellschaft an die Bedeutung der Hochschulen als Ort des Diskurses über die Frage „Wie wollen wir leben?“ erinnern und das Große und Ganze betonen anstatt sich im Klein-Klein zu verlieren.
Die Hochschulleitungen täten gut daran, ihren Freiheitsbegriff zu überdenken, denn sie tun so, als ob es jenseits des Staates Freiheit gäbe. Doch dem ist nicht so. Denn es war nicht der Staat, der die Hochschulen in den vergangenen Jahren verändert hat, sondern eine neoliberale geschichts- und gefahrenvergessene Marktideologie, die weder demokratisches Bewusstsein noch soziale Intelligenz besitzt oder erzeugt. Freiheit ist kein Vakuum- oder Schwebezustand. Es ist die Frage nach unseren Werten, unserer Orientierung. Die Antwort auf die Frage, was Freiheit ist, lautet: dass wir uns selbst entscheiden können, wovon wir uns abhängig machen und wozu wir uns verpflichten.